Dr. Nils Kaiser

Unblutiger Test für's Blut

Bestimmung des Gehalts verschiedener Stoffwechselprodukte
mittels Laserplatte – Vor allem für die Frühdiagnostik geeignet

Unblutiger Test für's Blut

Das von Dr. Kaiser entwickelte System eines Laser-Spektrometers mit einer ATR-Platte – in der Bildmitte, an die der Patient seine Lippe anpresst – ist eine absolute Neuentwicklung in der Laser-Absorptions-Spektroskopie.

Ein „Abfallprodukt“ von Forschungsarbeiten für die kontrollierte Verschmelzung von Atomkernen kann vielleicht schon bald dazu beitragen, die Kosten für medizinische Untersuchungen erheblich zu senken. Dr. Nils Kaiser vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, Garching bei München, entwickelte ein Meßverfahren, mit dem – unblutig und unschädlich für den Patienten die Konzentration verschiedener Stoffe im Blut wesentlich genauer bestimmt werden kann als mit herkömmlichen Methoden: Ein Prototyp dieses Geräts, der nach dem Prinzip der Infrarot-Spektroskopie arbeitet und sich vor allem für die Frühdiagnostik eignet, ist zur Zeit im Bau. Damit kann der Gehalt an Alkohol (Äthanol), Zucker (Glukose), Fett (Cholesterin) oder Harnsäure im Blut bestimmt werden.

„Wenn der Patient zum Arzt geht, weil er etwas spürt, ist es oft schon zu spät“, erklärt Kaiser. „Dann sind Veränderungen im Körper, etwa der Blutgefäße, meistens weit fortgeschritten.“ Rechtzeitig erkennen lassen sich solche Krankheiten durch regelmäßige Untersuchungen des Bluts. Das ist freilich mit Unannehmlichkeiten verbunden und erfordert einigen Aufwand: Der Patient muß „angezapft“ werden, das entnommene Blut erhält einen Stoff zugesetzt, damit es dünnflüssig bleibt und nicht gerinnt, ehe schließlich, meistens durch Farbstoff- oder Enzym-Reaktionen, der Gehalt an Stoffwechsel-Produkten, etwa Glukose, gemessen werden kann.

„Jede Entnahme bedeutet also eine Veränderung des Blutes“, betont Kaiser. Doch seine Versuche, solche unphysiologischen Meßverfahren“ zu ändern, scheiterten zunächst. Als er vor 20 Jahren für die Erprobung neuer Medikamente den Stoffwechsel der Herzen von Meerschweinchen mit der Infrarot-Spektroskopie untersuchte, mußte er aufgeben: Die damals vorhandenen Infrarotquellen erwiesen sich für Blutuntersuchungen als zu schwach – vor allem weil im organischen Material immer vorhandenes Wasser diese Strahlung besonders schwächt.

Nach einem Studium der Physik lernte der Mediziner Dr. Kaiser als wissenschaftlicher Assistent am Max-Planck-Institut für Physik und Astrophysik die neuartigen Meßmethoden der damals noch „jungen“ Plasmaphysik kennen: Die Wissenschaftler benützten Mikrowellen, um Instabilitäten, aber auch die Dichte von Ionen im Plasma für die kontrollierte Verschmelzung von Atomkernen zu messen.

Doch erst die Verwendung von Lasern für die Plasma-Diagnostik brachte auch für die Blutuntersuchung den Durchbruch: Zum Beispiel liefert der Kohlendioxid-(CO2)-Lichtverstärker Infrarot-Strahlung ausreichender Stärke. Sie wird über eine sogenannte ATR (= attenuate total reflection)-Platte – sie arbeitet mit gedämpfter Total-Reflexion – auf das Meßobjekt gleichmäßig verteilt: Das sind zum Beispiel stark durchblutete Schleimhäute, etwa die Lippen. Durch ihre etwa 1 bis 3 tausendstel Millimeter (µm) dünnen Zellwände dringt das Infrarot-Licht des CO2-Lasers (Wellenlänge: 10,6µm) ungefähr 3 Wellenlängen (rund 30µm) tief ein und regt die Moleküle im Blut zu Schwingungen an. Jede Molekül-Art absorbiert (“verschluckt”) dabei ganz bestimmte, für das Molekül typische Anteile des Laserlichts – und zwar um so mehr, je größer die Konzentration dieses Stoffs im Blut ist: Die entstehenden “Absorptionsbande” liefern so charakteristische “Fingerabdrücke” der gesuchten Substanzen. “Das funktioniert im Prinzip wie ganz gewöhnliche Infrarot-Spektroskopie”, bestätigt Kaiser.

Bei einem künftigen Alkohol-Test brauchen also nur noch die Lippen kräftig gegen eine von Laserlicht durchstrahlte Platte gepreßt werden. Damit kann man nach den Angaben Kaisers den Alkoholgehalt im Blut bis auf ein Hundertstel Promille genau messen; und zwar den aktuellen Stand – nicht den Wert, der bisher nach der Blutentnahme erst zurückberechnet werden muß.

Wichtiger als ein vereinfachter Alkohol-Test erscheinen Dr. Kaiser jedoch die Einsatzmöglichkeiten seines Verfahrens für die Frühdiagnostik. “Man könnte sich mit diesem Gerät im Rahmen der Tuberkulose-Vorsorge an die Röntgen-Reihenuntersuchungen anschließen und gleichzeitig den Cholesterin-, Glukose oder Harnsäure-Gehalt im Blut messen. Bei diesem “Screening” lassen sich dann die Patienten mit abweichenden Blutwerten herausfinden und könnten vorgewarnt werden.”

Hilfe könnte das Blutmeßverfahren auch vielen an Diabetes (Zuckerkrankheit) leidenden Menschen bringen. “Wenn er mehrfach am Tag absolut schmerzfrei den Glukosegehalt in seinem Blut messen könnte, bekäme der Patient ein gewisses Gefühl für die einzunehmenden Insulin-Mengen in Abhängigkeit von der Nahrungs-aufnahme und der körperlichen Belastung”, erläutert Kaiser. Im Prinzip würde sich das von ihm entwickelte Verfahren auch als Blutzucker-Sensor zur Steuerung einer künstlichen Bauchspeicheldrüse (Pankreas) eignen: An Diabetes erkrankte Menschen können vollautomatisch mit dem lebensnotwendigen Insulin versorgt werden.

Das sind vorläufig jedoch “Zukunftsvisionen”. Zwar lassen sich nach Kaisers Methode die Blutbestandteile unter exakten physiologischen Bedingungen messen, also genau die Werte ermitteln, die in-vivo, also im Gewebe, vorkommen, und auf die allein der Regelmechanismus im Organismus anspricht. Doch bisher ist der Laser des Meßgeräts noch ziemlich unhandlich. “Ideal wäre, so Kaiser, “ein kleiner, über einen großen Wellenbereich im fernen Infrarot durchstimmbarer Laser, mit dem man möglichst viele Molekül-Arten anregen kann”. “Leider gibt es aber diesen universell verwendbaren Lichtverstärker noch nicht”. Trotzdem sind außerhalb der Medizin bereits weitere Anwendungsmöglichkeiten für das Kaiser’sche Meßverfahren erkennbar: zum Beispiel bei der bisher schwierigen Dauerüberwachung schwefelhaltiger Abwässer aus Papierfabriken oder der Kontrolle chemischer Prozesse in Großanlagen der chemischen Industrie.

Eugen Hintsches

Ergänzung

Diese Pressemitteilung habe ich vor der Veröffentlichung - entgegen einer Abmachung - nicht zur Kontrolle vorgelegt bekommen. Dadurch konnten inhaltliche Fehler von mir nicht korrigiert werden. Herr Prof. Dr. F.P. Schäfer, MPI für Biophysikalische Chemie, Abtlg. Laserphysik, Göttingen, hat nach der Veröffentlichung ein Telefongespräch mit mir geführt, in dem ich versucht habe, ihn über meine Vorstellungen zu informieren. Da dies aber telefonisch nur schwer möglich war, bat ich ihn mehrfach, zu mir zu kommen, um mit ihm anhand meiner Apparatur und der Meßergebnisse über die daraus sich ergebenden Möglichkeiten zu diskutieren. Dieses Ansinnen lehnte er jedoch ab. Herr Professor Schäfer schrieb anschließend einen Brief an die Abtlg. Öffentlichkeitsarbeit der MPG und den Herrn Präsidenten der MPG, in dem er meine Arbeit und mich in übler Weise diffamierte und einige unrichtige Behauptungen aus unserem Telefongespräch aufstellte. Von dieser Zeit an bekam ich keine finanzielle Unterstützung mehr für meine Arbeit, weder von der MPG, noch von der DFG oder dem BMFT.

Sogar ein Förderungsantrag der Fa. MBB, Ottobrunn, die meine Arbeit weiterführen wollte, wurde vom BMFT abgelehnt, obgleich ich persönlich mit einigen Herren von MBB beim damaligen Präsidenten des BMFT in Bonn vorstellig wurde.

Herr Prof. Schäfer schickte mir keine Kopie dieses Briefes. Durch reinen Zufall gelangte ich kurze Zeit später an eine Kopie dieses Briefes, dessen Inhalt mir dann einiges oben Beschriebene erklärte.

Auch meine eingereichten Arbeitnehmerpatente wurden anschließend vertragswidrig nicht mehr von der MPG weiterfinanziert, sondern fallen gelassen. (Siehe die 330 von der Patentstelle der MPG festgestellten Citations meiner Patente während ihrer möglichen Laufzeit). Dadurch ist mit hoher Wahrscheinlichkeit sowohl der MPG, als auch mir ein nicht unerheblicher finanzieller Schaden entstanden.