Dr. Nils Kaiser

IPP-Presseinformation Nr. 14 / Oktober 1969

Medizinische Diagnostik der Zukunft mit Laserlicht



CO2 Messung am extra-korporalen Kreislauf

Die Medizin bedient sich in steigendem Maße moderner physikalischer und technischer Verfahren für Diagnostik und Therapie. Die Entwicklung und Erforschung neuer Methoden wird erst dann optimal wenn Fachleute der Medizin mit denen der Physik und Technik zusammenarbeiten, um die Spezialkenntnisse zu koordinieren. Die apparativen Möglichkeiten und das im Institut für Plasmaphysik vorhandene know-how für Laser- und Mikrowellentechnik boten Herrn Dr. med. Nils Kaiser die Möglichkeit, Fragen der medizinischen Diagnostik mit Laserlicht zu untersuchen, die ihn schon lange theoretisch beschäftigt hatten. Die ersten Ergebnisse eröffnen bereits interessante Perspektiven für die medizinische Diagnostik der Zukunft.

Der biologische Stoffwechsel ist chemisch gesehen ein Umbau von Molekülen. Wenn es gelingt, die verschiedenen Moleküle nachzuweisen und ihre Art zu bestimmen, dann können Rückschlüsse auf die biologischen Vorgänge gezogen werden.Verschieden gebaute Moleküle besitzen unterschiedliche Resonanzen für elektromagnetische Strahlung. Dabei liegen die typischen Molekularresonanzen im Bereich des nahen und fernen Infrarot bis zu den Mikrowellen.

Durch die Messung der Molekularresonanzen und deren Veränderungen im Laufe der Zeit ergibt sich die Möglichkeit, Stoffwechselvorgänge zu registrieren. Dabei ist der Schritt von der chemischen Analyse nach einer Probeentnahme zu der Messung am lebenden Objekt unter physiologischen Bedingungen nicht weit.

Als geeignete Versuchsobjekte bieten sich dabei zunächst z.B. Bakterienkulturen, Gewebsaufschwemmungen oder ein extrakorporaler Kreislauf durch eine entsprechende Meßküvette an, wie er heute schon bei Herzoperationen und künstlicher Niere üblich ist.

Mit den bisher vorhandenen Geräten sind diese Untersuchungen in den interessanten Wellenbereichen noch nicht möglich, da die Eigenabsorption des Wassers eines wesentlichen Bestandteils aller biologischen Objekte – in diesen Bereichen sehr groß ist. Die z. Zt. in der IR-Spektroskopie benutzten Generatoren haben eine so geringe Sendeleistung daß selbst dünne Wasserschichten nicht Durchdrungen werden können. Hier eröffnen sich neue Möglichkeiten durch die moderne Lasertechnik.

Im Institut für Plasmaphysik wurden Meßplätze mit 3 cm-, 8 mm- und 4 mm-Generatoren aufgebaut, deren Intensität für biologische Untersuchungen an wässrigen bis zu 1 cm Dicke und mehr ausreichend ist. Phasenlage und Dämpfung des kohärenten Wellenzuges können gleichzeitig in Abhängigkeit von der Zeit oder der Frequenz gemessen werden. Durch die gleichzeitige Messung von Phasenlage und Dämpfung erhält man eine wesentliche Verbesserung der gewünschten Information gegenüber der bisher in der Infrarot-Technik üblichen alleinigen Messung der Dämpfung.

Es wurden zwei Meßplatztypen entwickelt: in dem einen kann die Frequenz über ein breites Band durchgestimmt werden, in dem anderen kann mit einer fest eingestellten Frequenz mit sehr hoher Empfindlichkeit eine Resonanz in Abhängigkeit von der Zeit verfolgt werden. Der erstere dient zum Auffinden der interessierenden Resonanzen wie z.B. unbekannter kurzlebiger Stoffwechselzwischenprodukte.

Die Messung der Phasenlage ist wichtig, da sich bei den durchgeführten Versuchen herausgestellt hat, daß die Phasenverschiebung oft signifikantere Meßwerte zeigt als die Dämpfung. Erste Ergebnisse brachte die Bestimmung des Mischungsverhältnisses von cis- und trans-Dichloräthyleb. Die cis-Form dieses Moleküls hat ein Dipolmoment von 1,85 Debye, die trans-Form von 0 Debye.

Unter bestimmten Bedingungen durch Brom als Katalysator wird durch Einstrahlung von UV-Licht trans-Dichloräthylen in cis-Dichloräthylen umgewandelt. Der Umwandlungsprozeß wurde kontinuierlich verfolgt.

An dem 3 cm-Meßplatz wurde außer der cis-trans- Isomerie des Dichloräthylens auch die Dielektrizitätskonstante wässriger Hämoglobis-Lösungen aus nativem Lind Hämoglobin sowie von Erythrozystensuspensionen.

Beim Übergang von oxygeniertem zu desoxygeniertem Hämoglobin zeigten sich deutliche Sprünge sowohl in der Phasenlänge als auch in der Dämpfung als Folge der Änderung der Dielektrizitätskonstanten.

IPP-Presseinformation Nr. 14 /15 / Dezember 1969

Medizinische Diagnostik der Zukunft mit Laserlicht

In der Medizin ist es wünschenswert, am lebenden Organismus Diagnose zu betreiben, da die Untersuchung von Gewebeteilen oder Blut, das dem Körper entnommen worden ist, nicht die richtigen Lebensbedingungen widerspiegeln kann. Der Laser bietet dazu ein modernes Hilfsmittel. Im Institut für Plasmaphysik bestanden die technischen Voraussetzungen in der Lasertechnik, um eine Apparatur zu entwickeln, mit der Laserdiagnostik an Blut im lebenden Organismus ausgeführt werden kann. Das Blut wird dabei in einem extrakorporalen Kreislauf untersucht.

Dr. med. Nils Kaiser trug auf dem „3. International Biophysics Congress of the International Union for Pure and Applied Biophysics” in Cambridge/Mass. die Grundzüge der von ihm entwickelten Apparatur vor. Zu diesem Zeitpunkt, im September 1969, war noch nicht geprüft worden, ob der extrakorporale Kreislauf in der nötigen Dosierung aufrecht erhalten werden kann. Am 12.Dezember wurden Versuche an einem lebenden Hund durchgeführt, bei denen das Blut in einem extrakorporalen Kreislauf durch eine Meßkuvette geleitet wurde, wo es mit Laser durchstrahlt wurde. Die fotografischen Aufnahmen bewiesen, daß die Durchstrahlung von Blut in einem externen Kreislauf am lebenden Tier möglich ist. Das Experiment wurde in Zusammenarbeit mit Privatdozent Dr. Meßmer vom Institut für Experimentelle Chirurgie an der Chirurgischen Universitätsklinik, München, durchgeführt.